Die Schwalbe
Sonst ist die Schwalbe schwer zu zügeln,
dann flitzt sie durch die Atmosphäre.
Doch heute schwitzt sie untern Flügeln –
als wenn es noch nicht Frühling wäre!
Heinz Erhardt
Sonst ist die Schwalbe schwer zu zügeln,
dann flitzt sie durch die Atmosphäre.
Doch heute schwitzt sie untern Flügeln –
als wenn es noch nicht Frühling wäre!
Heinz Erhardt
Löwenzahn ist schon seit jeher
als höchst kriegerisch verschrien,
denn er lässt bei gutem Winde
Fallschirmtruppen feindwärts ziehn.
Und ich sitz auf der Veranda
und verzehre meine Suppe
und entdecke in derselben
zwei Versprengte dieser Truppe.
Heinz Erhardt
Durch die Wüste schreitet der Leu,
blickt sich um, als wär er hier neu,
brüllt!
Schreckerstarrt verharrt die Gazelle,
die den Durst an schattiger Stelle
stillt!
Dann entfernt sich der Löwe nach Norden,
keiner weiß, was aus ihm geworden.
Die Gazell’ aber rennt nach Westen –
das war für sie auch am besten …
Heinz Erhardt
Der Guck-Guck ist ein Vogeltier,
das weiß man ganz genau.
Kommt er jedoch als Hund zur Welt,
so nennt man ihn Schau-Schau.
Heinz Erhardt
Es wollte eine kleine Maus
– im Keller wohnhaft – hoch hinaus;
und eines Nachts, auf leisen Hufen,
erklomm sie achtundneunzig Stufen
und landete mit Weh und Ach
ganz oben, dicht unter dem Dach.
Dort wartete bereits auf sie
die Katze, namens Doremi. – – –
Kaum, dass das Mäuslein nicht mehr lebte,
geschah’s, dass eine Fledermaus
ein paarmal um die Katze schwebte,
zur Luke flog und dann hinaus.
Da faltete die Katz, die dreiste,
die Pfoten und sprach: »Ist das süß!
Da fliegt die Maus, die ich verspeiste,
als Engelein ins Paradies!«
Heinz Erhardt
Von Dürers Meisterhand ein Stich
betrachtet, wirkt mehr »äußerlich«,
dagegen dringt, wenn Sie verzeihn,
der Mückenstich weit »tiefer« ein.
Man sieht hieraus, dass ein Insekt
viel mehr kann als der Intellekt.
Heinz Erhardt
Die Amsel drosselt
ihren lauten Sang.
Die Finken starten schon –
der Weg ist lang …
Die A- und Blaumeisen
sind ganz verstört,
auch sie finden das
wirklich unerhört!!!
Das ist ihnen noch nie begegnet:
ein Sommer, so total verregnet!
Die Drossel amselt,
und es finkt der Star:
»Ade, auf Wiedersehn
im nächsten Jahr!«
Heinz Erhardt
Eine gräulich schwarze Fliege
sitzt dort rechts auf der Tapete,
putzt die Flügel und das linke
Mittelbein. – Ich lese Goethe.
Und wie klein erscheint mir dieser
immerhin so große Goethe
neben meiner schwärzlich grauen
Fliege dort auf der Tapete.
Heinz Erhardt
Bonner Impression
Die Tauben landen auf dem Rasen
und trampeln drauf mit ihren Pfoten,
als ob sie das Schild noch niemals lasen:
Betreten des Rasens verboten!
Dann setzen sie sich in die Ohren
vom armen Beethoven, dem kalten.
Sie haben es sich wohl geschworen:
Wir Tauben müssen zusammenhalten!
Von oben herab und von hinten bekleckern
sie den Komponisten wie unartige Gören –
man kann noch so bitten und drohen und meckern:
Die Tauben wollen nicht hören!
Sie scheinen bisher aller Mittel zu spotten,
deshalb, glaub ich, müsst man sie dazu bewegen,
um sie ein für alle Mal auszurotten,
nur taube Eier zu legen!
Heinz Erhardt
’s ist Nacht. Auf meines Daches Zinnen wandelt
ein graues Säugetier in stolzer Pracht.
Dass es sich hier um einen Kater handelt,
das haben Sie sich ja wohl schon gedacht.
Er singt ein Lied. Er lässt sich das nicht nehmen,
und weder Ringelstern noch Morgennatz
verfassten es. Er zahlt auch nicht Tantiemen.
Er singt – und was er singt, ist für die Katz!
Heinz Erhardt