Friedrich Hebbel

Herbstlied | Friedrich Hebbel

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.  Friedrich Hebbel 

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Das alte Haus | Friedrich Hebbel

Der Maurer schreitet frisch heraus,
Er soll dich niederbrechen;
Da ist es mir, du altes Haus,
Als hörte ich dich sprechen:
„Wie magst du mich, das lange Jahr’
Der Lieb’ und Eintracht Tempel war,
Wie magst du mich zerstören?
„Dein Ahnherr hat mich einst erbaut
Und unter frommem Beten
Mit seiner schönen, stillen Braut
Mich dann zu erst betreten.
Ich weiß um alles wohl Bescheid,
um jede Luft, um jedes Leid,
Was ihnen widerfahren.
„Dein Vater ward geboren hier
In der gebräunten Stube,
Die ersten Blicke gab er mir,
Der muntre, kräft’ge Bube.
Er schaute auf die Englein,
Die gaukeln in der Fenster Schein,
Dann erst auf seine Mutter.
„Und als er traurig schlich am Stab
Nach manchen schönen Jahren,
Da hat er schon, wie still ein Grab,
In meinem Schoß erfahren;
In jener Ecke saß er da,
Und stumm und händefaltend sah
Er sehnlich auf zum Himmel.
„Du selbst – doch nein, das sag’ ich nicht,
Ich will von dir nicht sprechen,
Hat dieses alles kein Gewicht,
So lass nur immer brechen.
Das Glück zog mit dem Ahnherrn ein,
Zerstöre du den Tempel sein,
Damit es endlich weiche! „Noch lange Jahre kann ich stehn,
Bin fest genug gegründet,
Und ob sich mit der Stürme Wehn
Ein Wolkenbruch verbündet,
Kühn rag’ ich wie ein Fels empor,
Und was ich auch an Schmuck verlor,
Gewann ich’s nicht an Würde?
„Und hab’ ich denn nicht manchen Saal
Und manch geräumig Zimmer?
Und glänzt nicht festlich mein Portal
In alter Pracht noch immer?
Noch jedem hat’s in mir behagt,
Kein Glücklicher hat sich beklagt,
Ich sein zu klein gewesen.
„Und wenn es einst zum letzten geht,
Und wenn das warme Leben
In meinen Adern stillesteht,
Wird dies dich nicht erheben,
Dort wo dein Vater sterbend lag,
Wo deiner Mutter Auge brach,
Den letzten Kampf zu streiten?“
Nun schweigt es still das alte Haus;
Mir aber ist’s, als schritten
Die toten Väter all heraus,
Um für ihr Haus zu bitten,
Und auch in meiner eigenen Brust,
Wie ruft so manche Kinderlust:
Lass stehn das Haus, lass stehen!
Indessen ist der Mauermann
Schon ins Gebälk gestiegen,
Er fängt mit Macht zu brechen an,
Und Stein’ und Ziegel fliegen.
Still, lieber Meister, geh von hier,
Gern zahle ich den Taglohn dir;
Allein das Haus bleibt stehen.  Friedrich Hebbel 

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Voneinander träumen - Liebesgedicht - Friedrich Hebbel

Wir träumten voneinander | Friedrich Hebbel

Wir träumten voneinander
Und sind davon erwacht.
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich Eines
Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen, rein und rund,
Zerfließen in Eins und rollen
Hinab in des Kelches Grund.

Friedrich Hebbel

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