Hochzeit
Adele Schopenhauer | Träume | Leben | Seele
Lass mich versinken
Klar wie der Himmel
Ist Deine Seele,
Rein wie der Aether
Ist Dein Gemüth!
Reich wie die Erde
Ist meine Liebe,
Tausendgestaltig
Tritt sie ans Licht.
Töne und Bilder,
Innere Welten
Schafft Dir Dein Dichter,
Liebchen, zum Schmuck.
Blickt er ins Herz Dir,
Holt er die Schätze
Alle vervielfacht
Wieder herauf.
Laß mich versinken
In Deiner Augen,
In Deiner Wunder
Lieblichen Welt.
Wie Erd’ und Himmel
Düfte vereinen,
Eint Lieb’ und Schönheit
Leben in uns!Â
Adele SchopenhauerÂ
Wir träumten voneinander | Friedrich Hebbel
Wir träumten voneinander
Und sind davon erwacht.
Wir leben, um uns zu lieben,
Und sinken zurück in die Nacht.
Du tratst aus meinem Traume,
Aus deinem trat ich hervor,
Wir sterben, wenn sich Eines
Im andern ganz verlor.
Auf einer Lilie zittern
Zwei Tropfen, rein und rund,
Zerfließen in Eins und rollen
Hinab in des Kelches Grund.
Friedrich Hebbel
Wolf Dietrich | Liebe auf den ersten Blick | Liebesgedicht
Liebe auf den ersten Blick
Erst dies kleine Lächeln, dann ein langer Blick,
ich schaute dich an, du schautest zurück,
ich kam auf dich zu wie vom Faden gezogen,
bin dann aber doch noch schnell abgebogen.
Es gab kein Entrinnen, es war vorbestimmt,
dass wir uns danach wieder begegnet sind.
Und beide wussten wir, es gab kein Zurück:
Bei uns war es Liebe auf den allerersten Blick!
Wolf Dietrich
Rainer Maria Rilke | Liebesgedicht | Ich liebe dich | Wie ich dich liebe
Wie ich dich liebe?
Wie ich dich liebe? Laß mich zählen wie.
Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit,
als meine Seele blindlings reicht, wenn sie
ihr Dasein abfühlt und die Ewigkeit.
Ich liebe dich bis zu dem stillsten Stand,
den jeder Tag erreicht im Lampenschein
oder in Sonne. Frei, im Recht, und rein
wie jene, die vom Ruhm sich abgewandt.
Mit aller Leidenschaft der Leidenszeit
und mit der Kindheit Kraft, die fort war, seit
ich meine Heiligen nicht mehr geliebt.
Mit allem Lächeln, aller Tränennot
und allem Atem. Und wenn Gott es giebt,
will ich dich besser lieben nach dem Tod.