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Beiträge veröffentlicht in “geschichte sinn des lebens”

In der Schule nicht ruhig sitzen | hyperaktiv | bestraft | Gillian Lynne

Schulkind - hyperaktiv - unkonzentriert - Schulmädchen

Gillian ist ein siebenjähriges Mädchen, das in der Schule nicht sitzen bleiben kann. Sie steht ständig auf, lässt sich ablenken, fliegt mit den Gedanken und folgt dem Unterricht nicht. Ihre Lehrer sorgen sich um sie, bestrafen sie, schimpfen mit ihr, belohnen die wenigen Male, an denen sie aufmerksam ist, aber nichts. Gillian weiß nicht, wie man sitzt und kann nicht aufmerksam sein.

Wenn sie nach Hause kommt, wird sie auch von ihrer Mutter bestraft. Gillian hat also nicht nur in der Schule schlechte Noten und wird bestraft, sondern leidet auch zu Hause darunter.

Eines Tages wird die Mutter von Gillian in die Schule gerufen. Die Frau, traurig wie jemand, der auf eine schlechte Nachricht wartet, nimmt sie an der Hand und geht in den Besprechungsraum. Die Lehrer sprechen von Krankheit, von einer offensichtlichen Störung. Vielleicht ist es Hyperaktivität oder vielleicht braucht sie ein Medikament.

Während des Gesprächs kommt ein alter Lehrer, der das kleine Mädchen kennt. Er bittet alle Erwachsenen, Mutter und Kollegen, ihm in einen Nebenraum zu folgen, von dem aus man sie noch sehen kann. Als er geht, sagt er Gillian, dass sie bald zurückkommen werden, und schaltet ein altes Radio mit Musik ein.

Als das Mädchen allein im Raum ist, steht sie sofort auf und beginnt, sich auf und ab zu bewegen, um die Musik mit ihren Füßen und ihrem Herzen in der Luft zu verfolgen. Der Lehrer lächelt, als die Kollegen und die Mutter ihn zwischen Verwirrung und Mitleid ansehen, wie es bei alten Menschen oft der Fall ist. Also sagt er:

„Seht ihr, Gillian ist nicht krank, Gillian ist eine Tänzerin!“

Er empfiehlt ihrer Mutter, sie zu einem Tanzkurs zu bringen und ihre Kollegen sollten sie von Zeit zu Zeit tanzen lassen. Sie nimmt an ihrer ersten Stunde teil und erzählt ihrer Mutter, als sie nach Hause kommt:

„Alle sind wie ich, keiner kann da ruhig sitzen!“

Nach einer Karriere als Tänzerin, der Eröffnung ihrer eigenen Tanzakademie und internationaler Anerkennung für ihre Kunst wurde Gillian Lynne 1980 Choreografin des Musicals „Cats„.

Hoffentlich finden alle „andersartigen“ Kinder Erwachsene, die sie so annehmen, wie sie sind, und nicht so, wie es ihnen gefehlt.

Lang leben die Unterschiede, die kleinen schwarzen Schafe und die Unverstandenen.
Sie sind es, die Schönheit in diese Welt bringen.

Die Geschichte vom Fischer und dem Dschinn

Arabisches Märchen: Der Fischer und der Dschinn

Es gab einmal einen Fischer, der war schon alt und vom Leben müde. Er hatte eine Frau und drei Töchter, war arm und besaß nichts außer dem Glauben an Gott den Erhabenen und sein altes Fischernetz. Jeden Abend ging er bei Mondschein hinaus an das Ufer des Flusses, warf das Netz aus und wartete auf sein Glück. Doch er hatte keins. 

Eines Tages dachte der Fischer: „Warum soll ich heute einen Fisch fangen, wenn ich nun schon seit Tagen keinen gefangen habe“, und wollte sein Netz einrollen. Dabei bemerkte er, dass das Netz durch irgendetwas zurückgehalten wurde. Er zog mit großer Kraft – ohne Erfolg. Da tauchte er ins Wasser und zog so das Netz an Land. Im Netz aber waren keine Fische, sondern ein toter Esel! Als der Fischer dies sah, war er sehr betrübt und sprach: „Es gibt nur Schutz und Kraft bei Gott dem Erhabenen.“ Er befreite den Esel, setzte sich auf die Erde und besserte das Netz wieder aus. Danach warf er es erneut ins Wasser und wartete. 

Wieder zog er die Schnur langsam an sich, wieder war sie schwer und noch fester als beim ersten Mal. Freude erfüllte das Herz des alten Fischers und er dachte, er habe wohl einen großen Fisch gefangen. Als er es aber an Land zog, fand er darin einen großen Topf voll mit Sand und Steinen. Er konnte die Tränen kaum zurückhalten. Doch der Gedanke an seine Frau und die Kinder machte ihm wieder Mut, er schleuderte den Topf weg, warf sein Netz zum dritten Mal aus und wartete. Diesmal dauerte es nicht lange bis es nach unten sank und hängen blieb. „Gott hat meine Gebete erhört!“, dachte der Fischer. Der Fang schien groß zu sein und der Alte fing schon an, sich auszumalen, welche Freude er bald auf den Gesichtern seiner Lieben sehen würde. Er vergaß den Hunger und die Müdigkeit und gab sich viel Mühe, das Netz vom Grund hoch zu ziehen. Wieder fand er etwas Schweres darin. Dieses Mal war es eine große, oben mit Blei verschlossene Messing-Flasche. Der Fischer freute sich und dachte: „Die verkaufe ich dem Kupferschmied, sie ist gewiss zwei Maß Weizen wert.“ Da bemerkte er, dass die Flasche nicht leer war. Neugierig öffnete er die Flasche und versuchte, sie auszuleeren, doch es kam nichts heraus. „Merkwürdig“ dachte der Fischer. Plötzlich stieg Rauch aus der Flasche empor. Der verbreitete sich so schnell wie dunkle Sandwolken in der Wüste über die Erde. Der Rauch verdichtete sich und wurde zu einem Dschinn, einem Dämon. Seine Füße standen auf der Erde und sein Haupt ragte in den Himmel. Es war ein beängstigender Anblick: denn er hatte einen Kopf wie ein Brunnenloch, Vorderzähne wie eiserne Haken, einen Mund wie eine Höhle, Ohren wie Kampfschilde und Augen wie schwarze Laternen. 

„Friede sei mit uns! Möge Gott mir beistehen!“, sagte der Fischer, der am ganzen Leibe zitterte. Der Dschinn sprach mit einer dunklen, donnernden Stimme: „Vernimm diese Nachricht – alter Mann!“ 

Da dachte der Fischer bei sich: „O Tag der Glückseligkeit, der Dschinn will mich bestimmt belohnen!“ Der aber fuhr fort: „Ich bringe dir die Nachricht, dass du sogleich getötet werden sollst. Wisse, du alter Mann, ich war Salomo, dem Propheten Gottes, ungehorsam. Der befahl mir, ich solle ihm gehorchen; aber ich weigerte mich, und da sperrte er mich in diese Flasche, verschloss sie mit Blei und befahl, mich wegzutragen und ins Wasser zu versenken. 

Zweihundert Jahre blieb ich darin und beschloss, den reich zu machen, der mich befreien würde. Aber niemand kam. Zweihundert weitere Jahre vergingen und dann noch einmal zweihundert Jahre. Da beschloss ich, dem, der mich befreien würde, alle Schätze der Erde zu öffnen; doch auch dann befreite mich keiner. Ich beschloss, meinen Befreier zum Sultan zu machen, selbst sein Diener zu werden und ihm täglich drei Wünsche zu gewähren. Aber auch das half nicht. Nun wurde ich böse und beschloss, den zu töten, der mich befreien würde, ihn aber selbst wählen zu lassen, wie er sterben wolle. Nun alter Mann, sage mir also, wie du sterben willst.“ Der Fischer sprach: „Willst du mich denn töten, weil ich dich aus der Flasche befreit habe, wie du sagst?“ Und als der Dschinn diese Frage bejahte, sprach der Fischer weiter: „Du lügst! Diese Flasche kann nicht einmal deine Hand fassen und würde schon durch deine Füße zersprengt werden. Wie soll sie dich ganz fassen können?“ 

Es blitzte und donnerte und der Dschinn wurde sehr böse. „Wie wagst du es, du unwürdiges Wesen, zu behaupten, ICH würde lügen?! Ich werde es dir zeigen!“ Der Dschinn zog sich wieder zusammen und sank nach und nach in die Flasche, bis er ganz darin verschwunden war. Er schrie aus der Flasche heraus: „Siehst du nun? Bereite dich für den Tod vor!“ Aber der Fischer nahm rasch das Blei und drückte es wieder auf den Flaschenhals. 

„Oh Dschinn! Wähle DU nun, wie du sterben willst!“. Als der Dämon dies hörte merkte er wohl, dass der Fischer ihn überlistet hatte, und er sprach zu ihm: „Guter Fischer, lass mich doch raus, ich habe nur meinen Scherz mit dir getrieben.“ „Ich will nichts Gutes von Dir, du armes Geschöpf Gottes“ antwortete der Fischer, „aber auch nichts Böses.“ Da leistete der Dschinn einen Eid und schwor beim Namen des Erhabenen, dass er dem alten Fischer kein Leid zufügen werde. Der Fischer öffnete die Flasche, wieder stieg Rauch in die Höhe, bis der Dschinn seine fürchterliche Gestalt annahm, die Flasche mit den Füßen zertrat und sie ins Wasser versank. Als der Fischer dies sah, schwante ihm nichts Gutes und er sah seinen Tod schon nahe. Doch fasste er Mut und sprach: „O Dschinn! Du hast einen Eid geschworen, darfst also nicht treulos gegen mich werden, sonst wird es Gott auch gegen dich sein.“ 

Der Dämon lachte und sagte: „Guter Freund, entschuldige, wenn ich dich jetzt verlasse.“ Er flog in den weiten Himmel und seine Stimme wurde immer leiser: „Gott stehe dir bei, guter Fischer. Und vergiss nicht, deinen Fang mitzunehmen!“ Da blickte der Fischer erstaunt um sich und sah den toten Esel, der war lebendig geworden und wieherte vor sich hin. Und der Topf blinkte nun voller Gold und glitzernde Edelsteine. 

Arabisches Märchen

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Der Abenteurer – eine kleine Geschichte über Erlebnisse

Kurzgeschichte: Der Abenteurer

 

 

Es war einmal ein kleines Bergdorf. Dort lebte ein Abenteurer dem die Abenteuer ausgegangen waren. So fragte er die Dorfbewohner ob sie denn nicht doch noch ein Abenteuer wüssten. Doch niemanden fiel etwas ein. Eines Tages saß der Abenteurer beim Schuster des Dorfes und klagte ihm sein Leid. 

„Doch“ sagte der Schuster „ich weiß ein Abenteuer.“ 

„Was denn?“ fragte der Abenteurer. 

„Ich glaube es wäre ein Abenteuer im Meer zu schwimmen. Ich war zwar noch nie am Meer, und weiß auch nicht wo es ist, aber ich glaube es wäre einen Versuch wert.“ 

„Gut“, sagte der Abenteurer, „ich werde mich auf den Weg machen.“ 

„Aber du musst mir versprechen das du mir erzählst wie es war“, sagte der Schuster. 

„Ja“ sagte der Abenteurer. 

Und so schnürte er seine sieben Sachen und ging los. Er kam durch viele Dörfer und Städte und vorbei an Seen und Ebenen, und traf Händler und Räuber und die sieben Zwerge, und schließlich fand er das Meer. 

Sofort machte er sich bereit im Meer zu schwimmen. Er stieg hinein und wollte gerade seien ersten Zug machen, da kam ein großer Walfisch vorbei und verschluckte unseren Abenteurer. 

So fand sich der Abenteurer im Bauch des Wals wieder und sagte sich: 

„Nun gut, wenn ich schon Mal hier bin kann ich’s mir auch gemütlich machen“. 

Doch in diesem Moment verschluckte sich der große Walfisch an einer noch größeren Welle, und als er die Welle wieder ausgespuckt hatte fand sich der Abenteurer am Strand wieder. Er nahm seine sieben Sachen und machte sich auf den Weg in die Berge. Er kam durch viele Dörfer und Städte und vorbei an Seen und Ebenen, und traf Händler und Räuber und die Bremer Stadtmusikanten, und schließlich fand er sein Dorf in den Bergen. Die Menschen kamen auf ihn zu und fragten ihn wie es denn gewesen wäre. 

Doch er sagte: „Ich habe dem Schuster versprochen ihm zuerst zu erzählen.“ 

Und er ging in Schusterstube, und der Schuster freute sich ihn zu sehen und fragte: 

„Nun, war das schwimmen im Meer ein Abenteuer?“ 

„Nein“, sagte der Abenteurer, „gerade als ich anfangen wollte verschluckte mich ein großer Walfisch.“ 

 

Nach einer Rundfunksendung von Mikado auf NDR4 am 3. oder 2. August 199 

 

 

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Handbuch des Kriegers – eine Geschichte von Paulo Coelho

Paolo Coelho - Handbuch des Kriegers - Kurzgeschichte
 

Ein Krieger des Lichts glaubt. Weil er an Wunder glaubt, geschehen auch Wunder. Weil er sich sicher ist, dass seine Gedanken sein Leben verändern können, verändert sich sein Leben. Weil er sicher ist, dass er der Liebe begegnen wird, begegnet ihm diese Liebe auch. Manchmal wird er enttäuscht, manchmal verletzt. Dann hört er Kommentare wie diesen: “Wie naiv du doch bist!” Aber der Krieger weiss, dass es sich lohnt. Für jede Niederlage gibt es zwei Siege. Alle, die glauben, wissen das. Doch auch ein Krieger des Lichts verliert manchmal den Glauben. Es gibt Augenblicke in denen er an gar nichts mehr glauben kann und dann fragt er sein Herz: “Lohnt sich so viel Mühe überhaupt?” Doch sein Herz schweigt und er muss selbst entscheiden. Dann sucht er ein Beispiel und erinnert sich daran, dass Jesus Ähnliches erlitten hat. “Lass diesen Kelch an mir vorüber gehen” hat Jesus gesagt. Auch er verlor den Mut und gab dennoch nicht auf. Der Krieger des Lichts schreitet auch ohne Glauben voran. Er kämpft weiter und am Ende kehrt der Glauben wieder zu ihm zurück. 

 

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Eine Geschichte eines New Yorker Taxifahrer – Aufmerksamkeit

Eine Geschichte eines New Yorker Taxifahrer
 

Ich wurde zu einer Adresse hinbestellt und wie gewöhnlich hupte ich als ich ankam. Doch kein Fahrgast erschien. Ich hupte erneut. Nichts. Noch einmal. Nichts. Meine Schicht war fast zu Ende, dies sollte meine letzte Fahrt sein. Es wäre leicht gewesen einfach wieder wegzufahren. Ich entschied mich jedoch dagegen, parkte den Wagen und ging zur Haustür. Kaum hatte ich geklopft, hörte ich eine alte gebrechliche Stimme sagen „Bitte, einen Augenblick noch!“ 

Durch die Tür hörte ich, dass offensichtlich etwas über den Hausboden geschleift wurde. 

Es verging eine Weile bis sich endlich die Tür öffnete. Vor mir stand eine kleine alte Dame, bestimmt 90 Jahre alt. Sie trug ein mit Blümchen bedrucktes Kleid und einen dieser Pillbox Hütte mit Schleier, die man früher immer getragen hat. Ihre gesamte Erscheinung sah so aus, als wäre sie aus einem Film der 1940 Jahre entsprungen. In ihrer Hand hielt sie einen kleinen Nylon Koffer. Da die Tür offen war, konnte ich nun auch ein paar Blicke in die Wohnung werfen. Die Wohnung sah aus als hätte hier über Jahre niemand mehr gelebt. Alle Möbel waren mit Tüchern abgedeckt. Die Wände waren völlig leer – keine Uhren hingen dort. Die Wohnung war fast komplett leer – kein Zimmerschmuck, kein Geschirr auf der Spüle, nur hinten der Ecke sah ich etwas. Einen Karton, der wohl mit Fotos und irgendwelchen Glas-Skulpturen bepackt war. 

„Bitte, junger Mann, tragen sie mir meinen Koffer zum Wagen?“ sagte sie. Ich nahm den Koffer und packte ihn in den Kofferraum. Ich ging zurück zur alten Dame um ihr beim Gang zum Auto ein wenig zu helfen. Sie nahm meinen Arm und wir gingen gemeinsam in Richtung Bürgersteig, zum Auto. 

Sie bedankte sich für meine Hilfsbereitschaft. 

„Es sei nicht Rede wert“ antwortete ich ihr, „Ich behandle meine Fahrgäste schlicht genauso, wie ich auch meine Mutter behandeln würde!“ 

„Oh, sie sind wirklich ein vorbildlicher junger Mann.“ erwiderte sie. 

Als die Dame in meinem Taxi platzt genommen hatte gab sie mir die Zieladresse, gefolgt von der Frage, ob wir denn nicht durch die Innenstadt fahren könnten. 

„Nun, das ist aber nicht der kürzeste Weg, eigentlich sogar ein erheblicher Umweg.“, gab ich zu bedenken. 

„Oh, ich habe nichts dagegen „, sagte sie. „Ich bin nicht in Eile. Ich bin auf dem Weg in ein Hospiz.“ 

„Ein Hospiz?“ schoss es mir durch den Kopf. Scheiße, Mann! Dort werden doch sterbenskranke Menschen versorgt und beim Sterben begleitet. Ich schaute in den Rückspiegel, schaute mir die Dame noch einmal an. 

„Ich hinterlasse keine Familie“ fuhr sie mit sanfter Stimme fort. „Der Arzt sagt, ich habe nicht mehr sehr lange.“ 

Ich schaltete das Taxameter aus. „Welchen Weg soll ich nehmen?“ fragte ich. 

Für die nächsten zwei Stunden fuhren wir einfach durch die Stadt. Sie zeigte mir das Hotel, indem sie einst an der Rezeption gearbeitet hatte. Wir fuhren zu den unterschiedlichsten Orten. Sie zeigte das Haus indem sie und ihr verstorbener Mann gelebt hatten als sie noch „ein junges, wildes Paar“ waren. Sie zeigte mir ein modernes neues Möbelhaus, dass früher „ein angesagter Schuppen“ zum Tanzen war. Als junges Mädchen habe sie dort oft das Tanzbein geschwungen. 

An manchen Gebäuden und Straßen bat sie mich besonders langsam zu fahren. Sie sagte dann nichts. Sie schaute dann einfach nur aus dem Fenster und schien mit ihren Gedanken noch einmal auf eine Reise zu gehen. Hinter dem Horizont kamen die ersten Sonnenstrahlen. Waren wir tatsächlich die ganze Nacht durch die Stadt gefahren? 

„Ich bin müde“ sagte die alte Dame plötzlich. „Jetzt können wir zu meinem Ziel fahren“ 

Schweigend fuhren wir zur Adresse, die sie mir am Abend gegeben hatte. Das Hospiz hatte ich mir viel größer vorgestellt. Mit seiner Mini-Einfahrt wirkte es eher wie ein kleines freundliches Ferienhaus. Jedoch stürmte kein kaufwütiger Makler aus dem Gebäude sondern zwei eilende Sanitäter die, kaum hatte ich den Wagen angehalten, die Fahrgasttüre öffneten. Sie schienen sehr besorgt. 
Sie mussten schon sehr lange auf die Dame gewartet haben. 

Und während die alte Dame im Rollstuhl platz nahm, trug ich ihren Koffer zum Eingang des Hospiz. 
„Wie viel bekommen sie von mir für die Fahrt?“ fragte sie, während sie in ihrer Handtasche kramte. 
„Nichts“, sagte ich, 
„Sie müssen doch ihren Lebensunterhalt verdienen«, antwortete sie. 
„Es gibt noch andere Passagiere“ erwiderte ich mit einem Lächeln. 
Und ohne lange drüber nachzudenken, umarmte ich sie. Sie hielt mich ganz fest an sich. 
„Sie haben einer alten Frau auf ihren letzten Meter noch ein klein wenig Freude und Glück geschenkt. Danke!“, sagte sie mit glasigen Augen zu mir. 

Ich drückte ihre Hand, und ging dem trüben Sonnenaufgang entgegen … Hinter mir schloss sich die Tür des Hospiz. Es klang für mich wie der Abschluss eines Lebens. 

Meine nächste Schicht hätte jetzt beginnen sollen, doch ich nahm keine neuen Fahrgäste an. Ich fuhr einfach ziellos durch die Straßen – völlig versunken in meinen Gedanken. Ich wollte weder reden, noch jemanden sehen. Was wäre gewesen, wenn die Frau an einen unfreundlichen und mies gelaunten Fahrer geraten wäre, der nur schnell seine Schicht hätte beenden wollen. Was wäre, wenn ich die Fahrt nicht angenommen hätte. Was wäre, wenn ich nach dem ersten Hupen einfach weggefahren wäre?  

Wenn ich an diese Fahrt zurück denke, glaube ich dass ich noch niemals etwas Wichtigeres im Leben getan habe.  

In unserem hektischen Leben, legen wir besonders viel wert auf die großen, bombastischen Momente. Größer. Schneller. Weiter.  

Dabei sind es doch die kleinen Momente, die kleinen Gesten die im Leben wirklich etwas zählen.  

Für diese kleinen und schönen Momente sollten wir uns wieder Zeit nehmen. Wir sollten wieder Geduld haben – und nicht sofort hupen – dann sehen wir sie auch.  

Verfasser unbekannt

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Das heimliche Königskind – eine liebe, kurze Geschichte über Veränderung

Kurzgeschichte: das heimliche Königskind

 

Es war einmal ein König. In seiner Stadt herrschte große Armut. Die Menschen in der Stadt waren verbittert und unzufrieden und sie fürchteten ihren Herrscher. 

Eines Tages ließ der König alle Bewohner am Stadtplatz versammeln, um ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen. Gespannt und ängstlich richteten die Menschen ihre Blicke auf den König und waren neugierig auf die wichtige Mitteilung. 

Der König sprach: 
„Ich habe heimlich ein Königskind unter eure Kinder gebracht. Behandelt es gut. Sollte ich erfahren, dass meinem Kind Schlechtes widerfährt, werde ich den Schuldigen zur Rechenschaft ziehen!“ 

Dann kehrte der König auf sein Schloss zurück. Die Stadtbewohner fürchteten die Strafe, weil niemand wusste, welches das Königskind war. Deshalb begannen die Menschen, alle Kinder in der Stadt so zu behandeln, als wäre jedes einzelne das Königskind. 

Es vergingen viele Jahre. Die Kinder wurden zu Erwachsenen und bekamen selber Kinder. Der mittlerweile alte König beobachtete mit Genugtuung die Entwicklung in seiner Stadt. Aus der früheren armen und schmutzigen Stadt wurde eine prachtvolle, weit über die Landesgrenzen bekannte Stadt. Es gab Krankenhäuser, Schulen, eine große Bibliothek … 

Die Bewohner waren zufrieden und glücklich. 

Und warum? 
Weil alle Bewohner die Kinder in der Stadt mit viel Liebe und gut erzogen haben. Da niemand wusste, welches Kind das Königskind war, wurde jedes in der Stadt so behandelt, als wäre es vom König.  

 

 

Autor unbekannt 

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Freundlich und Unfreundlichkeit: Wie du in den Wald hinein rufst – diese Geschichte sagt viel aus

Kurzgeschichte: Freundlichkeit und Unfreundlichkeit

 

Vor den Toren der Stadt saß einmal ein alter Mann. Jeder, der in die Stadt wollte, kam an ihm vorbei. Ein Fremder hielt an und fragte den Alten: „Sag, wie sind die Menschen hier in der Stadt?“  

„Wie waren sie denn dort, wo Ihr zuletzt gewesen seid?“, fragte der Alte zurück. 
„Wunderbar. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Sie waren freundlich, großzügig und stets hilfsbereit.“ 
„So etwa werden sie auch hier sein.“ 
Dann kam ein anderer Fremder zu dem alten Mann. Auch er fragte: „Sag mir doch Alter, wie sind die Menschen hier in der Stadt?“ 

„Wie waren sie denn dort, wo Ihr zuletzt gewesen seid?“, lautete die Gegenfrage. 

„Schrecklich. Sie waren gemein, unfreundlich, keiner half dem anderen.“ 
„So, fürchte ich, werden sie auch hier sein.“  

 

Verfasser unbekannt 

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Die Rose – eine Geschichte mit Rainer Maria Rilke und einer Obdachlosen

Rainer Maria Rilke - Kurzgeschichte Rose
 

Rainer Maria Rilke ging in der Zeit seines Pariser Aufenthaltes regelmäßig über einen Platz, an dem eine Bettlerin saß, die um Geld anhielt. 

Ohne je aufzublicken, ohne ein Zeichen des Bittens oder Dankens zu äußern, saß die Frau immer am gleichen Ort. 

Rilke gab nie etwas, seine französische Begleiterin aber warf ihr häufig ein Geldstück hin. 

Eines Tages fragte die Französin verwundert, warum er ihr nichts gebe. Rilke antwortete: „Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand.“ 

Wenige Tage später brachte Rilke eine eben aufgeblühte weiße Rose mit, legte sie in die offene, abgezehrte Hand der Bettlerin und wollte weitergehen. Eine weiße Rose. Da geschah das Unerwartete: Die Bettlerin blickte auf, sah den Geber, erhob sich mühsam von der Erde, tastete nach der Hand des fremden Mannes, küßte sie und ging mit der Rose davon.  

Eine Woche lang war die Alte verschwunden, der Platz, an dem sie vorher gebettelt hatte, blieb leer. 

Nach acht Tagen saß sie plötzlich wieder an der gewohnten Stelle. Sie war stumm wie damals, wiederum nur wieder ihre Bedürftigkeit zeigend durch die ausgestreckte Hand. 

„Aber wovon hat sie denn in all den Tagen gelebt?“ fragte die Französin. Rilke antwortete: „Von der Rose …“  

 

Verfasser unbekannt

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Wertvoller Diamant – eine kurze Geschichte über Wertigkeit

Kurzgeschichte: Wertvoller als ein Diamant
 

Ein Wanderer machte Rast bei einer Hütte. In dieser Hütte lebte eine alte Frau. Sie gab ihm zu essen und zu trinken. Der Mann entdeckte in der Stube einen wertvollen Stein, offensichtlich ein Diamant, der in einem schönen Gefäß lag. Die alte Frau beobachtete den Wanderer, wie dieser gierig auf den Stein sah. Sie sagte zu ihm: „Dir gefällt der Stein. Es ist ein Diamant. Du kannst ihn haben!“ Der Mann war sehr erstaunt und fragte: „Du weißt aber schon, dass dieser Stein sehr wertvoll ist. Mit diesem Stein bist du reich?“ „Ja, das weiß ich“, antwortete die Frau. Der Mann nahm den Diamant und verabschiedete sich schnell von der Frau. Er befürchtete, dass sie es sich nochmals anders überlegen könnte. Nach einigen Tagen kehrte der Mann zu der alten Frau zurück und gab ihr wieder den Stein. „Ich bringe dir den in der Hoffnung, dass du mir etwas viel Wertvolleres gibst. “Die Frau sah ihn mit freundlichen Augen an. „Gib mir bitte das in dir, was dich mir diesen wertvollen Stein schenken lies!“ 

Autor unbekannt

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Christliche Kurzgeschichte: Zwei Seiten des Teppichs

 
 

Zwei Freunde sprachen viele Abende lang miteinander über das Böse in der Welt. Eines Abends, als sie schon manche Antworten gefunden und doch immer wieder verworfen hatten, fiel durch eine Unachtsamkeit ein kleiner Teppich, der auf der Fensterbank lag, zur Erde. Der eine der beiden Freunde hob ihn auf und legte ihn wieder an seinen Ort; der andere aber sagte: „Du hast den Teppich versehentlich falsch hingelegt, die schöne Seite muss nach oben, die hässliche nach unten.“ 

Nun schauten sie den Teppich genauer an. Er war handgeknüpft und hatte auf der Oberseite ein herrliches Muster in leuchtenden Farben, eine echte Kostbarkeit. Auf der Unterseite aber sahen sie nur Fäden und Knoten, abgeschnittenes Garn und ein ganz und gar durcheinander gebrachtes Farbenfeld, kurzum, wenn sie die wirre Unterseite anschauten, konnten sie sich kaum eine Vorstellung von der schön geordneten Oberseite machen. 

Da wurden die beiden Freunde still und beendeten vorerst ihre Gespräche über das Böse in der Welt. Sie dachten nämlich: 

Vielleicht ist es mit unserem Leben wie mit diesem Teppich. Während wir Menschen noch ratlos vor den Verstrickungen des Lebens stehen, hat die Weisheit Gottes uns längst alle Herrlichkeit gewebt. 

Autor unbekannt 

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